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alles verstehen heißt nicht alles verzeihen
Eigentlich sollte ich lieber einen langen Mittagsschlaf halten. Wie der Regen hier in meinem Büro auf die Scheiben haut – die Stimmung ist so dunkel und feucht wie die Woche angefangen hat. Da wäre mir Schneefall viel angenehmer als dieses Schmuddelwetter eigentlich die ganze zurückliegende Woche schon.
Montag war der Fensterputzer angemeldet. Einmal im Monat arbeitet er die ganzen Fenster ab. Und er kam pünktlich und brachte den Regen direkt mit. Sollte ich den Termin fallen lassen? Nein, er rechnet mit dem doch erheblichen Betrag für die mehr als 20 Fenster. Und er konnte sie von innen putzen bei vollem Lohn. Er kann doch nichts dafür dass der Regen unsere Zeit in den letzten Wochen bestimmt. Der Winter ist einfach zu warm und das wird wohl auch noch so bleiben.
Es war für mich eine sehr anstrengende Woche, die wohl jetzt hoffentlich mal durch mein Wegtauchen nach Berlin für eine Woche aussetzt
Am Wochenanfang dachte ich an meine alte Freundin Ida Kopciuch, die nun schon sechs Jahre nicht mehr auf der Welt ist.. Es war die Frau die auf dem Sterbebett ihren Kindern , die um sie standen sagte ” sagt ihm, nichts mehr kaufen, nichts mehr kaufen ” damit meinte sie mich. Die Aussage ist verbürgt und ich habe mich danach gerichtet. Wäre ich zehn Jahre jünger hätte mich schon ein wunderschönes altes Haus in Apulien gereizt. Aber ich höre auf die Verstorbene und werde lieber etwas abgeben woran ich derzeit arbeite.
Nein die Woche fing wirklich mit Stress an. In meinem Treppenhaus ist die automatische Lichtanlage am Eingang nach langen Jahren defekt. So brannte in zwei unterschiedlichen Nächten im Treppenhaus die ganze Nacht das Licht. Warum habe ich solch eine Automatik da der Nutzer ja die Handbedienung zur Verfügung hat.? Ich habe sie deshalb installiert dass wenn ein Gast aus dem Aufzug steigt das Licht automatisch angeht damit er nicht die Stufen zum Eingang verpasst oder übersieht. So ließ ich meine Fachfirma aus Meerbusch nach mehrmaliger Anfrage kommen. Der Mitarbeiter war schon um 8 Uhr morgens da, alles durchgeprüft, musste Ersatzteile in Meerbusch holen. Mittags war er wieder da. Die Ersatzteile passten nicht. Er fuhr wieder die 20 km zurück um in der kommenden Woche mit einem ganzen neuen Messgerät wieder an die Arbeit zu gehen. Bin mal auf die Rechnung gespannt alleine die Fahrtkosten werden erheblich sein. So wird dieser Vorgang dazu führen dass wir hier in Düsseldorf uns nach einem neuen Elektriker umsehen müssen. Nach mehr als 30 Jahren Zusammenarbeit wird das die Folge sein.
Und dann wurde es hart am Schreibtisch. Die Nebenkostenabrechnung für mein Haus musste durchgeführt werden.
Die von meinem noch neuen Steuerberatungsteam erarbeiteten Unterlagen waren gut ausgearbeitet und gut zu verstehen.
Aber dann ging es los mit der Detailarbeit. Meine Tochter und ich machten den Schriftwechsel an 22 ehemalige und aktuelle Mieter hier in Oberkassel fertig. Für die Mieter im Haus kein Problem aber es war durch den Ein- und Auszug in diesem Jahr viel Detektivarbeit notwendig wo die Ausgezogenen nun endgültig lebten und wie sich ihre aktuellen Kontoverbindungen derzeit zeigten.
Also erst einmal den Schriftwechsel für die verbliebenen und neu zugezogenen Mieter im Haus kuvertieren und in die Briefkästen im Haus unterbringen. Dank Handy und PC konnte ich die Ausgezogenen erreichen und mir die Daten notieren. Und meine Stimmung wurde nicht besser als ich jetzt am Wochenende die Nachrichten bekam ” herrliches Wetter hier im Schnee in Bayrischzell ” und eine andere Mieterin schrieb mir ganz lieb
” wir genießen so das Wochenende in Utrecht” und ich genoss die vielen Details zu solch einer Jahresabrechnung.
Der Donnerstag war dann so anstrengend für mich da ich alle Mieter, die eine Gutschrift zu erwarten hatten, in dieser Woche bedienen wollte und die Überweisungen auf den Weg bringen wollte. Ich mag es überhaupt nicht wenn die Vermieter von ihrem Recht auf Ziel bei diesen Zahlungen hinweisen. Und ich habe es geschafft, hoffentlich ohne irgendwelche Dreher. Und die überwiegende Zahl der Mieter bekam Gutschriften wenn auch bis auf Ausnahmen in übersehbarem Umfang. Die Nachzahlungen auch durch mich lagen dann doch höher als der ein oder andere Mieter erwartet hatte. Das hängt damit zusammen dass die jährlichen neuen Zahlen dann nicht angepasst wurden. Und wie wird das erst im kommenden Jahr werden bei der Entwicklung der Energiepreise. Aber ich war stolz und zufrieden, alle die etwas zu erwarten hatten habe ich in den zwei Tagen abgearbeitet. Die Gutschriften die ich erwarten darf durch Nachzahlungen zu meinen Gunsten werden wohl nicht so schnell auf meinem Konto erscheinen. Nur eine Mieterin, die so erschrocken war über die Höhe der Nachforderung hatte mit meiner Tochter ” von Frau zu Frau ” gesprochen und umgehend bezahlt. Und ich – auch hoch in der Nachzahlung – habe die erste Überweisung auf das Mietkonto vorgenommen. Wozu in den Vorjahren lange Zeit gebraucht wurde ,habe ich durch die gute Vorbereitung vom neuen Steuerbüro lediglich eine Woche incl. Schriftwechsel ect. durchgezogen.-
Ich bin dann anschließend nach der Arbeit am Donnerstag, meinem Lieblingseinkaufstag, durch die Geschäfte getigert, habe u.a. auch bei Rossmann einen größeren Betrag gelassen und mein Handy zu Gutschrift der 10 Prozent vorgehalten. Und es hat gepiepst. Zu Hause angekommen sah ich dann dass die Gutschrift nicht berücksichtigt worden war. Immer gucke ich auf den Beleg, aber diesmal hatte ich überhaupt keine Zeit da ich noch zu dem Blumenstand auf dem Markt wollte der nur einmal die Woche in Oberkassel ist und beste Ware anbietet. Ich wollte die Blumen für den Hauseingang erneuern wars mir auch bei einem doch höheren Preis gelang. Man sieht das aber auch wie mir Mieter bestätigten. Und jetzt noch das Verrückte was ich gemacht habe. Der Blumenstand hatte keine Silbermünzen mehr und hangelte sich so dadurch. Ich bringe Nachschub sagte ich der älteren Verkäuferin, rannte mit Blumen und Einkaufsbeutel nach Hause. Ab ans Sparschwein und wieder zurück mit 20 Stück 1.-Euro. Waren die glücklich und ich außer Puste. Dann wieder zurück und mir wurde doch zu Hause ganz schön schwindelig. Ich habe das hinbekommen aber habe immer Angst irgendwann zu stürzen, da sind doch einige Ältere in meinem Bekanntenkreis nicht mehr auf die Beine gekommen sind . Und das will ich vermeiden. Natürlich mahne ich mich von Zeit zu Zeit selber. Mieter ,die mich anschließend sahen mahnten meinen hochroten Kopf an. Und ich zog mich brav auf meinen Sessel zurück. Denn ich hatte Donnerstagabend frei. Warum? Dazu jetzt noch eine Passage.
Mohamed, den ich nun im April seit 7 Jahren kenne und der und seine Familie mir inzwischen sehr nahe stehen, macht ja nun den Führerschein für Bus und später dann LKW. Er hat vor drei Wochen mit der Schule begonnen bis mittags und dann ab nach Hause zum Lernen des Stoffes über Internet. Und zu Hause bekommt er bei den drei Jungen überhaupt keine Ruhe. Da kommen Freunde von den Blagen, sie toben durchs Haus vor allem bei diesem Wetter. kein Raum gibt ihm die Ruhe die er braucht. Nun hat er mich gefragt, ob er hier bei mir nachmittags im ruhigen Giebel arbeiten kann. Dem habe ich zugestimmt. Aber ich bin mit involviert. Warum? Er spricht verständliches Deutsch, aber im Lesen gerade von den Fachtexten ist er total ungeübt. Wenn er so ein Wort wie Liquidationsprognosen lesen soll wird das ein langsames Durcheinander. Zumal er oft gar nicht versteht was mit diesen Worten und vor allem den Abkürzungen gemeint ist. Die Vorbereitungen zu diesem Führerschein umfassen 1.300 Fragen und aus diesen Fragen müssen die richtigen Antworten kommen. Und was habe ich damit zu tun? Manfred, kannst Du bitte mal kommen, und Manfred
kommt nach oben, reibt sich die Brillengläser weil die Texte so klein sind auf dem Handy dass ich mir oft das Ding vor die Nase halten muss. Und ich sage ihm immer wieder, dass das was er macht wie eine Berufsausbildung ist. Und solch eine Sache erfordert viel Energie und letztendlich auch eine gute Erinnerung. Oft werden vier Antworten angeboten und Mann kann sich die eine oder zwei richtige Antworten aussuchen. Aber es ist noch Zeit bis April und bis dahin noch ärztliche Untersuchungen und Psychotest zu bestehen. Aber heute habe ich nein gesagt – heute will ich frei haben für meinen Blog und heute Abend fürs Fernsehen.
Und es gäbe noch so viel über die Folgen von home office auch auf mein Leben zu schildern. Vielleicht noch etwas später aber jetzt noch mal zu Mohamed und seinem Leben hier in Deutschland. Dank der Nachbarschaft und den Freunden so wie mich kommt er über die Runden. Jetzt aber ein neues Kapitel in diesem Leben.
Ich hatte früher vielleicht schon mal erwähnt dass Mohamed einen jüngeren Bruder hat der in Amsterdam mit einer Syrerin verheiratet ist und eine Tochter hat. Achmed arbeitet an der Universität da er der Liebling des Vaters war und eine Hochschulausbildung in Syrien hatte. Mohamed war der Anpacker in der Baufirma seines Vaters und wurde trotz Einwand der Lehrer früh von der Schule genommen und in den Betrieb gesteckt. Und jetzt kommt ein weiteres Kapitel in die Familie aus Syrien.
Vor drei Jahren wollte der noch lebende jüngste Bruder von Mo aus Syrien, aus der umkämpften Stadt Idlib, fliehen. Er versuchte es mehrmals, er war da Anfang Zwanzig und wollte nach Europa. Er war damals schon verheiratet mit einer so jungen Frau und hatte auch schon zwei kleine Kinder. Nach mehrmaligem Anlauf kam er mit Einsatz von Geld über die Grenze in die Türkei. Das ging so dass die türkischen Grenzbeamten in der Zeit um Mitternacht die Augen zumachten wenn man mit Geld in der Hand den Übergang passierte. So weit so gut. Mit Winken ect. kam er dann mit Bus und privat bis an die Grenze nach Griechenland. Und da schnappten sie ihn. Ab auf die Insel Lesbos ins Lager. Und da wurde er mehr als zwei Jahre gefangen gehalten. Wie ein Schwerverbrecher. Und nun waren die zwei Jahre vorbei und die Griechen ließen ihn frei mit der Auflage spätestens nach vier Wochen Griechenland verlassen zu haben. Und wieder Geld von der Familie , also von den beiden Brüdern hier in Europa West in die Hand und nach mehreren Versuchen kam er mit Schleusern nach Österreich. Und ich habe das täglich mitbekommen. Österreich macht eine zügige Anerkennung des Asylstatus möglich. Aber Geld gibt es noch nicht. Erst dann wenn der Asylant eine Wohnung nachweisen kann.
So wurde Abdul Hakim, sein Name , mit weiteren vier Flüchtlingen in einem Raum untergebracht. In der Woche gab es 40,–Euro für alles.
Weshalb ich das so ausführlich schildere. Die beiden Brüder hier hatten in der Woche beschlossen, Mohameds Auto vollzupacken und in einer Nachtaktion nach Wien zu fahren. Warum? Hakim hatte wohl auch durch eine Arbeit und einen Gönner eine kleine Wohnung bekommen. Den Mietvertrag hatte man mir als Kopie geschickt. Und Mohamed und Bruder aus Amsterdam sammelten Dinge für das erste Leben in der Wohnung und fuhren vollbepackt mit dem BMW los. In einer ruhelosen stressigen Fahrt kamen sie irgendwann in der Nacht in Wien, nicht in der Innenstadt sondern 15 km außerhalb an. Nach sieben Jahren ein erstes Wiedersehen der Brüder in der Nacht. Ich habe ein kurzes Video gesehen. Die weinenden Brüder liegen sich in den Armen, ich bekomme jetzt noch Gänsehaut auf den Armen. Auf den beiden mitgebrachten Matratzen haben sie geschlafen. Kaum wieder wach sind sie los zu einer Sozialeinrichtung und haben da eingekauft was noch dringend notwendig war. Und Mohamed berichtete mir ganz stolz dass es an dem Tag alles mit 50% Rabatt gab. Also eingekauft, ab in die Wohnung aufgebaut, und mein Freund und sein Bruder saßen wieder im Wagen auf dem Weg nach Meerbusch. Um 23 Uhr bekam ich von der Autobahn in Nürnberg eine Nachricht dass man sich auf dem Heimweg befände.
Gestern Abend am Kamin habe ich an den jungen Syrer gedacht, was war und ist das ein Leben in der Zeit von Anfang 20 bis jetzt 25 Jahren. Was haben wir da alles erlebt und lernen können. Diesem Mann fehlen ein Teil der schönsten Jahre seines Lebens zumal durch die Haft auf Lesbos diese Zeit ohne Leben ist. Natürlich wird er jetzt versuchen sobald wie möglich seine junge Frau und die Kinder nach Österreich zu holen. Und ich werde beobachten aber nicht helfen können. Dazu ist hier noch zu viel zu regeln.
Ich mache jetzt Schluss. Heute habe ich keinen Busunterricht. Diese Frage hatte ich heute am Morgen mit nein beantwortet. Morgen noch einmal ran und dann ab nach Berlin. Einfach mal Ruhe und dort, was ich so liebe, in der Badewanne liegen, dösen.
Meinen Freunden auf der Insel und in Berlin auch auf diesem Wege noch mal ganz lieben Dank für die telefonischen Kontakte und das Mut machen in einer oft etwas unruhigen Zeit. Und ab Dienstag bin ich hier mal nicht im Einsatz. Könnt Ihr Euch vorstellen, ich fahre am Dienstag gegen 12 Uhr mittags mit dem Zug mit Reservierung im Ruheabteil mit Euro 79,– hin und her., Mein Touareg würde sich damit noch nicht auf die halbe Strecke hin bewegen bei diesen Preisen.
Also seid umarmt – ich denke an Euch und freue mich immer wieder über Eure Nachrichten.
Manfred





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